In der Uni drängten Studierende und AssistentInnen auf Demokratisierung der Universitätsstrukturen. In der Abteilung für Geschichtswissenschaften, an der ich studierte, wurde nach einer Vollversammlung eine Reformkommission aus drei Professoren, drei Assistenten und drei Studierenden eingesetzt. In diesem Kreis ging es 1968/69 einige Monate lang hoch her, die Debatten waren lebhaft.
Doch am Ende einigte man sich auf einen Kompromiss, der Studierenden und AssistentInnen weitgehende Mitentscheidungsrechte gab, fast eine „Drittelparität“. Es war die einzige Abteilung, in der es zu einem solchen Reform-Konsens kam. In allen anderen Bereichen endeten die Bemühungen in Blockade und Streit.
Die Wünsche nach Reformen verstummten nicht. 1970 waren es Assistenten und Assistentinnen, die sich zu Wort meldeten. Stark belastet mit der Arbeit am Aufbau der RUB, der Lehre sowie Zuarbeit für die ProfessorInnen, zudem unter dem Druck, sich innerhalb der Befristung ihrer Stellen zu qualifizieren, beschlossen wir im Mai 1970 einen vierzehntägigen Streik.
Gefordert wurde nicht zuletzt, statt der strikt begrenzten Assistentenstellen Assistenzprofessuren mit „tenure track“, also der Aussicht auf unbefristete Anstellung im Fall der Bewährung, zu schaffen.
Die Aktionen erregten einiges Aufsehen; eine Delegation wurde vom NRW-Ministerpräsidenten Heinz Kühn empfangen, der gerade auf dem SPD-Parteitag in Saarbrücken weilte. Große Erfolge konnten trotzdem nicht erzielt werden, außer der Mobilisierung des „Mittelbaus“ für Reformforderungen.
Eine Anekdote aus dem Streik habe ich noch in Erinnerung. An die große Tafel am Eingang zum RUB-Gelände „Hier baut das Land NRW die Ruhr-Universität“ hängten wir ein ebenso großes Plakat mit dem Spruch „Hier verbaut das Land NRW die Zukunft der Ruhr-Universität“ und unseren Forderungen. Nach wenigen Stunden kam ein Streifenwagen der Polizei, hängte unser Poster ab und nahm es mit.
Aber die Juristen unter uns waren nicht faul: Sie riefen die Polizeiführung an und legten dar, dass die kein Recht hatte, das Plakat zu beschlagnahmen. Bald kam der Streifenwagen zurück und lieferte das corpus delicti beim Assistenten-Streik-Büro ab. Wir überreichten es dem Universitätsarchiv. Ob es dort wohl verwahrt wurde und noch zu finden ist?
Prof. Dr. Jürgen Schlumbohm
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